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Hahn - Ein historischer Spaziergang durch den Ort

Wie ein Wegweiser ragt die Hahner Pfarrkirche aus dem von sanften Hängen umgebenen Indetal. Diesen Eindruck müssen die älteren Hahner gewonnen haben, denn den Ortsnamen leiteten sie vom Kirchenhahn ab, der den Pilgern aus der Eifel den Weg zu den Wallfahrtszentren Kornelimünster und Aachen wies. Tatsächlich aber existiert nur eine lautliche "Verwandtschaft“ mit dem bekannten Gockel; der Ortsname leitet sich jedenfalls von „Hagen“ ab, - einem geschützten, behaglichen Ort.

Wir beginnen unsere Wanderung im Dorfzentrum Hahns, wo Inde und Bechheimer Bach zusammenfließen. Eine Bushaltestelle (Linie 35) ist in unmittelbarer Nähe. Die 1880/81 von Viktor Statz in neugotischem Stil erbaute Pfarrkirche überragt die umliegenden Gebäude. Der Ort Hahn war noch bis zum Jahre 1802 Teil der Reichsabtei Kornelimünster. Die bedeutendsten Zeugen aus alter Zeit sind heute nicht mehr erhalten: die schon 1261 erstmals erwähnte Marienkapelle (Standort der heutigen Pfarrkirche) und das sich unmittelbar südlich anschließende Spital für fußkranke Pilger aus der Eifel, die nach Kornelimünster und Aachen wallfahren wollten. Der ehemalige Rektor der Hahner Marienkapelle Wilhelm von Goire ist übrigens 1481 durch Papst Sixtus IV zum Abt der Reichsabtei Kornelimünster ernannt worden.

Der Ort hatte im Gegensatz zu den angrenzenden Dörfern schon früh Beerdigungsrechte. Auf dem "alten Friedhof“, der die Dorfkirche umgibt, sind heute noch Steinkreuze aus der abteilichen Zeit zu sehen. Ein Blick in die Kirche lohnt sich, birgt sie doch ein kunsthistorisch be-deutendes Holzkreuz aus dem 15. Jahrhundert.
Hahn wies gegen Ende der abteilichen Zeit etwa 50 Häuser mir ca. 250 Einwohnern auf. In "Niederrheinisch-westfälische Blätter " aus dem Jahre 1801 ist die Erwerbssituation folgen-dermaßen beschrieben: Neben den ländlichen Nahrungszweigen hat es auch gute Steinbrüche. Hier wohnen mehrere Drahtzieher, welche auf Handmaschinen arbeiten, wie es mit Nähnadeldraht geschehen muss. Schon 1821 hatte sich der aus der Eifel kommende Johann Löhr (auch Küster und Organist), dessen Nachfahren noch im Dorfe wohnen, des unwissen-den Landvolkes als Dorflehrer angenommen und den im Argen liegenden Bildungsstand aufgebessert. 47 Jahre lang – bis zu seiner Pensionierung – unterrichtete er hier.

Die meisten Hahner haben heute nicht mehr ihren Arbeitsplatz im Dorf; sie pendeln nach Aachen, Stolberg oder sogar in Richtung Jülich. 1983 wies der Ort 907 Einwohner auf.

Wir wandern nun in südlicher Richtung, die Dorfstraße entlang vorbei an alten Bruchsteinhäusern. Der Weg führt uns nach einer Linkskurve zum von zwei mächtigen Linden umstandenen Bechheimer Kreuz, das auch heute noch Mittelpunkt von Prozessionen ist. Für die alten Hahner war dieses Kreuz noch ein Gebot zur stillen Andacht. Man ging nicht vorbei, ohne die Mütze oder den Hut zu ziehen. Gab es einen Sterbefall im Ortsteil Bechheim, wurde der Sarg auf dem Weg zur Kirche hier zu einer kurzen Besinnung abgesetzt. Das Blausteinkreuz aus dem 19. Jahrhundert steht heute unter Denkmalschutz.

Unmittelbar am Kreuz liegt auch die Viehtränke, heute zum „Treff“ für Anlieger und Wanderer umgestaltet. Der Bau der Viehtränke war notwendig geworden, als im Jahre 1930 zur zusätzlichen Wasserversorgung der Dreilägerbach–Talsperre ein Stollen in Richtung Venwegen vorangetrieben wurde, der die Bechheimer Brunnen – ein gut erhaltener Brunnen ist noch an dem Hause Dorfstraße 35 zu sehen – und den Bechheimer Bach weitgehend trocken legte. Vieh und Mensch waren ohne gesicherten Wasseranschluss. De Dränk schuf hier Abhilfe. Man holte sich dort das Trinkwasser, tränkte das Vieh, schlachtete die Schweine und wusch in zwei Becken (heute Blumentröge) die Wäsche.

Vom Kreuz und der Natursteinbrücke geht es rechts ab, die Bechheimer Straße entlang. Der Weg ist als Eifelwanderweg ausgezeichnet und Teil des Rotter Prozessionsweges. Nach etwa 150 Metern erhebt sich linker Hand eine Felsformation, der Mönchsfelsen. Schaurig ist´s im Winter, wenn in der Dämmerung das Gestein zwischen den entlaubten Bäumen an die Um-risse einer eine Kutte tragenden Gestalt mahnt. Der Mönch ist ein ausgewiesenes Naturdenkmal, das aus Riffkalksteinen des Mitteldevons besteht. Durch die Verwitterung sind die Riffbildner herausgearbeitet worden.

Wer seinen Spaziergang auf das Dorf Hahn beschränken möchte, kann an dieser Stelle um-kehren. Auf der Dorfstraße zurück zur Pfarrkirche biegen wir in der Rechtskurve links in den Kitzenhausweg („de Veestroaß“) ein, der uns steil bergan führt. Auf der Höhe liegt linker Hand der Sportplatz des FC Inde Hahn, direkt dahinter der erste von zwei Aussiedlerhöfen Hahner Landwirte. In Höhe des Sportplatzes biegen wir rechts in den Pannekogweg, den wir aber kurz darauf wieder verlassen und rechts dem Vogelstangenweg folgen. Schon bald erreichen wir bei einem Prozessionskreuz den alten Pilgramsweg, der von den Friesenrathern dazu benutzt worden war, ihre Toten zum Friedhof nach Hahn zu bringen. Beim Kreuz war ein Rastplatz. Hier wechselte man nach einer kurzen Besinnung die Sargträger aus. Das Blau-steinkreuz, geschaffen vom Hahner Steinmetz Mathias Schornstein, wurde von der ehemaligen Lehrerin Fräulein Beckers gestiftet, nachdem ihre drei Brüder unversehrt aus dem 1. Weltkrieg zurück gekehrt waren. Vor 1919 hat hier ein Holzkreuz gestanden.

Wir wandern weiter. Die Pfarrkirche Hahns, der Ausgangspunkt unserer Wanderung, ist wie-der deutlich zu sehen. Auf abschüssigem Weg biegen wir nach kurzer Strecke links ab und erreichen über die Indebrücke die Hahner Straße. In der „Gracht“ ist die Weiterführung des Pilgerpfades zu sehen.

Auf der Hahner Straße wandern wir weiter Richtung Kirche. Linker Hand sehen wir einen lang gestreckten, in den Hang geduckten Bruchstein-Bau. Dieses, im Volksmund de Herberg genannte Gebäude (vermutlich aus dem 17. Jahrhundert), diente früher als Rast und Ruheplatz für die Eifeler Fuhrleute, die auf dem Weg nach Aachen durch Hahn kamen. Die Verlängerung des Weges „Knipp“ wird noch „dr aue Wäch“ genannt. An der Vorderfront des Hauses waren Ringe angebracht, an denen die Pferde angebunden wurden. Man nahm eine Mahlzeit zu sich oder übernachtete auch hier.

Nach der Rechtskurve haben wir dann wieder den Ausgangspunkt unserer Wanderung erreicht Wer mehr Zeit mitgebracht hat, kann am Naturdenkmal Mönch dem eingeschlagenen Weg weiter bergauf folgen. Beim Anstieg stellen wir fest, dass sich die Gesteine, die die Oberflächengestalt bestimmen, verändert haben. Statt des Kalksteins werden bei Aufrissen devoni-sche Schiefertone und Vennwacke erkennbar, die im Wesentlichen den so genannten „Vennabfall“ bestimmen. Auf der Gefällstufe vor dem Fichtenwald lohnt sich ein kurzer Rückblick. Am Horizont ist bei entsprechender Sicht der Lousberg erkennbar. Diesem vorgelagert erheben sich die heutige Abteikirche Kornelimünster, die Brander und Breiniger Pfarrkirchen; selbst die Kohlenhalden Alsdorfs und das Uni-Klinikum sind in der Ferne sichtbar.

Erst jetzt wird deutlich, dass der Anfahrtsweg von Aachen aus über eine zertalte Ebene er-folgte. Das Auf und Ab bei der Anreise täuscht darüber hinweg, dass man die so genannte „Vennfußfläche“ durchfahren hat. Die inselhaften Laubwäldchen in der Wiesenlandschaft vor uns sind Anzeiger einer noch in abteilicher Zeit existierenden ackerbaulichen Tätigkeit. Die beim Pflügen anfallenden „Lesesteine“ wurden aufgeschüttet, und diese Schüttungsflächen (Laubwäldchen) bilden heute ökologische Nischen in der Kulturlandschaft.
Vor allem Roggen, Hafer, Kartoffeln und Buchweizen wurden damals vorwiegend zum eigenen Verbrauch angebaut. Zum Verkauf langte der Ertrag selten, wie eine Quelle aus dem Jahre 1801 besagt. Die völlige Vergrünlandung dieses Raumes ist erst ein Ergebnis der in den 60er Jahren erfolgten Flurbereinigung, die auch in Hahn zur Vollaussiedlung von zwei landwirtschaftlichen Betrieben geführt hat. Die Zahl der Nebenerwerbsbetriebe ist erheblich zurück gegangen.

Wir wenden unseren Blick nun wieder Richtung Münsterwald. Die letzte Wiese rechter Hand vor diesem Wald weist grabenartige Spuren auf. Hier wurde früher Eisenerz geschürft. Heben Sie doch einen Stein auf und prüfen Sie sein Gewicht, und Sie werden überzeugt sein! Das eisenerzhaltige Gestein wurde mit Pferdefuhrwerken zum Ort transportiert und dort verhüttet, was 30 – 40 Zentimeter mächtige Schlackenschichten in Bechheim andeuten. Die in den Schlacken gefundenen Münzen weisen auf das 17. Jahrhundert hin.

Wir haben nun den Münsterwald erreicht. Im 18. Jahrhundert gab es hier noch einen Laub-wald, der aber durch massiven Einschlag für Brennholz, Holzkohle und durch Viehverbiss zur Heide verkümmert war. Der Wald wurde nämlich zu dieser Zeit auch für den Vieheintrieb (Hutrecht) genutzt. Der heutige Kitzenhausweg – im Volksmund „Veestroaß“ genannt – war der Auftriebsweg.

Am Waldrand entlang wandern wir rechtsabbiegend zum Weiler Kitzenhaus, den wir über den zum Teich angestauten Bechheimer Bach erreichen. Diese erst seit der Aufforstung als waldbäuerliche Insel erscheinende Siedlung hat an Bedeutung verloren. Sie ist spätmittelalterlichen Ursprungs und wies 1830 26 Einwohner auf. Heute existieren von den ehemals fünf Gebäuden nur noch drei. Wir verlassen den Weiler und gehen wieder auf dem Kitzenhausweg vorbei an einer pilzförmigen Schutzhütte Richtung Hahn. Die beiden Aussiedlerhöfe lassen wir rechts liegen, biegen am Sportplatz links in den Pannekogweg ein und folgen rechts dem zuvor beschriebenen Vogelstangenweg.


(nach Walter Fuhs "Hahn und Friesenrath – eine erwanderte Idylle" in Band 2 der "Blätter zur Geschichte Hahns und Friesenraths" 1985


Hahn
Ein historischer Spaziergang durch Hahn
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